Anders als bei gedruckten Büchern steht hinter eBooks kein Material- und Herstellungswert. Man kann eBooks verschenken – und es entstehen dadurch keine Kosten. Das führt dazu, dass fast jeder eBook-Shop auch Gratis-eBooks anbietet. Doch was kann man dabei falsch machen? Was nützt eine Kostenlos-Aktion? (Aktualisiert am 6. Juli 2017)
Amazon erlaubt in seinem Kindle-Select Programm den Autoren, ihre Bücher an bis zu fünf Tagen im Quartal gratis anzubieten – und unterstützt diese Verschenkaktionen mit gut sichtbaren „Gratis Bestseller“-Listen, die direkt neben den Verkaufsbestsellern angezeigt werden. Jeder Verlagsanbieter oder Distributor kann Bücher auch dauerhaft gratis anbieten – was oft „XXL-Leseproben“ und erste Teile von Serials betrifft.
Erreicht ein umsonst angebotenes eBook im Kindle Shop erste Positionen in den Gratis-Bestsellerlisten, können durchaus über 2.000 Exemplare pro Tag ihre „Käufer“ finden. Manche Bücher schaffen so Downloadzahlen von über 10.000 Stück innerhalb einer 5-Tage Gratisaktion.
Ein Buch verschenken? Was soll das bringen?
Im Shop hat eine solche Aktion tatsächlich kaum noch direkte Auswirkungen auf echte Käufe. Ein Buch, das vor der Aktion im Nirgendwo des Shops stand, wird auch nach der Aktion im Nirgendwo stehen – das „Verkaufsranking“ wird nicht automatisch verbessert, man steigt nicht „einfach so“ in die Charts ein.
Aber das Buch findet Leser! Sicherlich wird nicht jeder der beutehungrigen Schnäppchenjäger Ihr Buch auch tatsächlich lesen. Aber manche werden es tun. Vielleicht schreiben auch ein paar eine Rezension – und kaufen weitere Bücher von Ihnen!
„Nie würde ich mein Buch verschenken! Mit diesen Gratisaktionen und Schnäppchen wird der ganze Markt kaputt gemacht. Die Leser sind deswegen nicht mehr bereit, einen vernünftigen Preis zu zahlen.“
Nun ja, laut Wirtschaftslehre wird der Preis eines Produktes immer am Markt geformt: so lange kein Kauf stattfindet, handelt es sich um ein reines Angebot. Erst wenn ein Kauf tatsächlich passiert, kann man von einem „Preis“ sprechen. Wenn Ihr Buch zu dem von Ihnen festgelegten Gebot nicht gekauft wird, müssen Sie entweder die Nachfrage erhöhen; den Wert des Produktes anheben oder eben das Gebot auf die „maximale Zahlungsbereitschaft“ des Kunden anpassen.
Diese Verantwortung für die Ausgestaltung des Angebotes liegt dank dem deutschen Preisbindungsgesetz (anders als in anderen Produktbereichen, wo der Hersteller lediglich „Richtpreise“ vermitteln kann) ganz bei Ihnen als Autor und Verleger!
Wann lohnt sich eine Gratisaktion?
- Wenn Ihr Buch unbeachtet auf einem Rang jenseits der 50.000 dahin gründelt, Verkäufe höchstens im Monatsrhythmus tröpfeln und kein Leser sich zu einer Rezension aufrafft; wenn Sie kein Geld in Werbung stecken wollen oder können und Sie Besseres zu tun haben, als dauerhaft über Social Media und Buchforen die Trommel zu rühren; dann kann sich eine Gratisaktion lohnen – im Grunde bleibt Ihnen in dem Fall auch gar nichts anderes übrig.
- Wenn Ihr Buch tatsächlich den Nerv der Leser trifft, können Sie gute Rezensionen sammeln – und damit die „Beliebtheitslisten“ erklimmen. Das schafft Sichtbarkeit im Shop und kann zu tatsächlichen Käufen nach der Gratisaktion führen.
- Wenn Sie ein zweites Buch veröffentlichen und das erste tief in den Kellern des Shops versteckt ist; dann kann sich eine Gratisaktion für den ersten Roman lohnen – denn das wird den zweiten Roman antreiben.
- Wenn Sie eine Serie schreiben, kann sich eine Gratisaktion lohnen – denn Leser des ersten Teils wollen vielleicht auch den zweiten Teil lesen.
Sehen Sie Gratisaktionen immer als eine Verbreitung von Werbeexemplaren an. Sie können damit viele Leser erreichen; Bewertungen einsammeln und so Bekanntheit für Ihren Autorennamen aufbauen; und sie können weitere Bücher verkaufen, die Sie innerhalb Ihres verschenkten eBooks anpreisen und verlinken.
Kann ich mir mit einer Gratisaktion den Markt kaputt machen? Das hängt von Ihrem Genre ab! Wenn Sie sich die Chartpositionen ganz vorne regelmäßig ansehen, dann werden Sie bemerken, dass manche Bücher sich sehr lange in den Top Ten halten können. Das liegt, wie schon an anderer Stelle ausgeführt, auch an den Shop-Funktionen selbst, die erfolgreiche Bücher noch besser präsentieren. Ein Top 10 Bestseller kann leicht 50.000 und mehr Einheiten verkaufen.
Für einen romantischen Thriller oder einen Krimi sind fünf- oder zehntausend Verschenkte noch lange keine „Sättigung“ des Marktes. Auch inzwischen bekannte Autoren haben Gratisaktionen zur Einführung ihrer Werke durchgeführt – zum Beispiel Hanni Münzer oder Nika Lubitsch.
Können Sie mit einer Gratisaktion begeisterte Leser finden, die 5-Stern Rezensionen regnen lassen, wird dieses Buch im Automatismus des Shops als „beliebter“ klassifiziert und mehr Kunden präsentiert.
So konnten schon einige Autoren nach Gratisaktionen bis in die Top-Charts aufsteigen – zuletzt M.C. Poets mit ihrem Thriller „Berechnung“. Dieses Buch wurde ab 31. Mai 2014 verschenkt, erreichte eine Top-Position in den Gratis-Bestsellern, erhielt sehr gute Rezensionen … trat am 14. Juni in die Top 10 ein und erreichte am 4. Juli mit 2,99 € Platz 1 im Kindle Shop. Was nicht weniger als 1.000 Verkaufte pro Tag bedeutet – Sie können sich selbst ausrechnen, was das an Geld bringt.
Ich habe die Autorin zu dieser Aktion befragt. Sie meinte: „Die Gratisaktion dauerte zwei Tage, insgesamt wurde der Titel fast 4.000 mal heruntergeladen. Und danach ging es stetig bergauf.“
Anders schaut es vielleicht in engen Nischen aus. Wenn Sie ihre „Geschichte der tibetanischen Lyrik“ verschenken, werden Sie einerseits wenig Exemplare losbekommen – und mit etwas Pech tatsächlich genau die Leser befriedigen, die danach schon lange gesucht hatten.
Kann ich bei einer Gratisaktion auch etwas falsch machen? Ja, wenn Sie ein unfertiges, schlecht formatiertes oder nicht korrigiertes Buch verschenken. Dann kann es miese Rezensionen geben, die den Verkauf erst recht in den Keller fallen lassen. Oder wenn eine Gratisaktion gut anläuft, also viele Menschen Ihr Buch laden – und sie diese Aktion abbrechen. In diesem Fall kann das Buch noch einige Zeit als „gratis“ in den Listen stehen und Leser, die nicht genau auf den aktuellen Preis achten, unerwartet Geld kosten. Auch das kann eigenwillige Rezensionen erzeugen. Außerdem würden Sie in diesem Fall den Erfolg einer solchen Aktion „abwürgen“.
Das hängt mit der „Empfehlungsmechanik“ im Kindle Shop zusammen, die Käufergruppen von bestimmten Titeln berechnet und daraus dann die Produktempfehlungen „könnte Ihnen auch gefallen“ oder „Kunden kauften auch“ erstellt. Diese Empfehlungen können durch künstlich hochgetriebene Gratisaktionen empfindlich gestört werden – Ihr Krimi wird dann bei Pizzarezepten und Ihr Gedichtband bei Sexromanen präsentiert. Das führt zu sehr niedrigen Klickzahlen durch Leser, die mit solchen Empfehlungen natürlich wenig anzufangen wissen – und das wiederum führt zu einer Abwertung Ihres Titels im Shop.
Die Bewerbung von Gratisaktionen sollte immer bei möglichst passenden Lesern geschehen. Vermeiden Sie deshalb Anbieter, die keine redaktionelle Kuratierung ihrer Tipps vornehmen.
Und … wann lohnt sie eine Gratisaktion nicht?
Während einer Gratisaktion werden keine verkauften Exemplare gezählt. Stehen Sie mit Ihrem Buch auf einer guten „Midlist-Position“ auf Rang 300 im Shop und setzen einen Tag lang 0,- Verkaufspreis an, ist Ihr Buch am Tag danach auf einen Rang jenseits der tausend gefallen. Das ist natürlich bitter, denn Sie haben mit dieser Aktion Sichtbarkeit verloren. In diesem Fall kann eine 99-Cent Aktion mit entsprechender Bewerbung mehr Erfolg bringen.
„XXL-Leseproben“: Achten Sie auch darauf, dass Leser durchaus anspruchsvolle Menschen sind; die Idee, einen Roman an einer spannenden Stelle zu unterbrechen und dieses Bruchstück dann zu verschenken, wirkt nur auf ersten Blick gut. Oft zieht ein solch durchsichtiger Versuch, Käufe zu erzwingen, böse Besprechungen nach sich. Anders verhält sich das bei „Prequels“ oder eigens für diesen Zweck geschriebene Novellen!
Und selbstverständlich erwarten sich Leser auch bei Null-€-eBooks, dass diese gut geschrieben sind, keine Rechtschreibfehler enthalten und damit Lesefreude erzeugen! Denn allemal wertvoller als zwei oder drei € ist die Zeit, die Leser Ihrem Buch widmen.
Zusammenfassung:
- Gratisaktionen sind eine gute Möglichkeit, als unbekannter Autor bekannter zu werden und Rezensionen einzusammeln
- Gut geschriebene, abgeschlossene Geschichten können mit einer Gratisaktion direkt Käufe weiterer Bücher anregen
- Gratisaktionen führen nicht automatisch zu besseren Verkaufszahlen
- Sollten Sie durch eine Gratisaktion exzellente Rezensionen einfahren, kann das direkt in die Top 20 führen
- Sollten Sie mit Ihrem Buch bereits eine Position im Shop erreicht haben, kann eine Gratisaktion diesen Rang verschlechtern
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Schöner Artikel, der das sensible Thema der kostenlosen eBooks gut beleuchtet! Viele Grüße und weiter so!
Hallo und vielen Dank für diese tolle Seite, dadurch konnte ich selbst endlich mein eigenes Ebook auf Amazon launchen. Ich habe dennoch eine Frage bezüglich des Artikels. Nach meinem Launch, war mein ebook auf Verkaufsrang 23K, nachdem ich die KDP Select und die kostenlose Aktion gestartet hatte, ist mein Ebook auf Rang 73K abgefallen und mitterlweile befindet sich mein ebook gar nicht mehr in der Rangliste =( Dennoch ist mein Buch unter allen angegeben Keywords auf Seite 1 direkt auffindbar. Finde das sehr verwirrend und hoffe ihr könnt mir vielleicht eine Antwort darauf geben?! Herzliche Grüße Manuel
Vielen Dank für den Artikel!
Ich habe jedoch zwei Fragen:
1. Ich schreibe leidenschaftlich gerne und habe mir bereits ein Pseudonym zugelegt. Google ergab vorher keine Treffer. Jetzt finde ich jemanden mit dem gleichen Kürzel eines Universitätsprofessors, der vom Namen anders heißt, gänzlich anders, aber den Kürzel als E-Mail hat. Was mache ich jetzt? Oder geht es beim Wählen eines Pseudonymes nur darum, dass nicht bereits ein anderer AUTOR diesen Pseudonym verwendet?
2. Ich habe eine Kurzgeschichte geschrieben, dementsprechend ist, wie für eine Kurzgeschichte üblich, das Ende offen. Ich las häufig Rezensionen auf Amazon, dass das bei Lesern nicht gut ankommt, da viele wissen wollen, wie es ausgeht, vom Autor her, statt es sich selbst auszudenken.
Für den Anfang fände ich eine Gratisaktion sehr sinnvoll, jedoch finde ich niemanden, der Probe liest. Was die Rechtschreibung betrifft, darin bin ich bisweilen sehr gut. Nur Freunde und Bekannte studieren und arbeiten viel, weshalb sie in der Freizeit auch keine Bücher in die Hand nehmen. An wen könnte ich mich wenden? Öffentlich in ein Forum stellen, eher weniger. Es sind derzeit auch nur 6 Normseiten, hält sich also in Grenzen, würde jedoch gerne erfahren, ob ich ein Ende tatsächlich schreiben sollte oder nicht, und ob es vom Aufbau und der Schreibe her in Ordnung und flüssig lesbar ist.
Wissen Sie Rat?
Liebe Grüße,
Lily
Hallo Lily,
achten Sie darauf, nicht das gleiche Pseudonym wie ein anderer Autor zu benutzen, das kann zu Verwirrung beim Leser und Ärger beim anderen Autor führen.
Wie kann man feststellen, ob die eigenen Texte ok sind? Am besten, Sie suchen sich Hilfe bei anderen Autoren. Sie finden zB bei Facebook in Gruppen wie
https://www.facebook.com/groups/184413921615603/
Rat und Hilfe!