Das Schreiben eines Buches bedeutet für den Autor eine hohe Investition: Zeit, Energie und Geld. Kann er dieses Investment durch Buchverkäufe wieder verdienen? Wie hoch ist das Risiko, wie hoch sind die Chancen für bestimmte Genres im Shop?
Ich habe am heutigen 14. Juni 2016 die Romantik-Genres im Kindle Shop analysiert. Ich habe dabei immer die Top 20 eines jeden Untergenres von „Liebesromane“ angesehen.
Der Durchschnittspreis in den Top 20 der Liebesroman-Genres im Kindle-Shop hat einen Mittelwert von 3,18 €; darunter sind die Bücher aus der Kategorie „Lesbenromantik“ mit 4,34 € die teuersten, gefolgt von „Gegenwart“ (4,24 €). Schlusslicht ist die Liebeskomödie mit einem Durchschnittspreis von 2,19 €.
Der durchschnittliche Top 20 Liebesroman im Genre „Zeitgenössisch“ hat einen Gesamtrang von 70 im Kindle Shop. Danach folgen „Young Adult“ mit einem Rang von 80 und „Liebeskomödie“ mit Rang 100. Am unteren Ende stehen „Zeitreisen“ mit einem Durchschnittsrang von 1.700, „Lesbenromantik“ mit Rang 3.250 und „Science Fiction“ mit Rang 2.900.
Rezensionen sagen viel über die emotionale Bindung der Leser zu ihren Büchern aus; in den Top 20 der Kategorie „Gegenwart“ erreichen die Titel durchschnittlich 300 Rezensionen; gefolgt von „Young Adult“ mit 120 und „Fantasy“ mit durchschnittlich 109 Bewertungen. Schlusslichter sind „Anthologien“ mit 11 Reviews, „Lesbenromantik“ mit 5 und Gay Romance mit 4 Reviews pro Titel.
Der Wettbewerb in den Liebesroman-Genres
Der Wettbewerb in den Kategorien fällt ebenfalls sehr unterschiedlich aus. So hat der Top Titel bei „Gegenwart“ („Single ab Samstag“) einen Gesamtrang von 10, der zwanzigste Titel dieser Kategorie („Das Leben ist nur ein Moment“) einen Gesamtrang von 120. Das ergibt eine „Spreizung“ von nur 110 Rangpositionen in dieser Top 20 Kategorie von „Liebesromane“. Der Wettbewerb ist extrem hoch, es ist sehr schwierig, in diesen stark umkämpften Bereich einzudringen. Dagegen hat Platz 1 in der Kategorie „Militärromantik“ einen sehr guten Gesamtrang von 4 im Shop; der Titel auf Rang 20 dieser Kategorie einen Rang von 7.900 – hier gibt es also sehr viel Luft für weitere Titel.
Der zeitgenössische Liebesroman: das Flaggschiff
Manche Genres sind sehr lukrativ – aber gleichzeitig ist auch der Wettbewerb stark. An der Spitze steht der „zeitgenössische“ Gegenwartsroman, also die klassische moderne Liebesgeschichte.
Obwohl der Wettbewerb in dieser Top 20 Kategorie sehr hoch ist (fast alle dieser Titel finden sich auch in der aktuellen Top 100-Bestsellerliste), ist auch der Durchschnittspreis mit 4,24 € im Vergleich durchaus ansehnlich. In den Top 20 finden sich Preise von 16,99 €, 4,99 €, 3,49 € … und nur zweimal 0,99 €.
Auch wenn manche der Titel in „Liebesromane Zeitgenössisch“ mit Preisaktionen ihre Position erreichen konnten, scheint hier doch die Bereitschaft des Lesers, für sein Buch einen guten Preis zu bezahlen, vorhanden zu sein. Die hohe Durchschnittszahl von Rezensionen (296) spricht dafür, dass wir es hier mit einem wertigen und akzeptierten Bereich zu tun haben.
Ein hoher Anspruch an Plot und Charaktere, ein exzellentes Lektorat und viel Werbedruck – sei es durch hohes Social-Media Engagement oder bezahlte Werbung – sind Grundvoraussetzungen, um in dieser Top Kategorie mitspielen zu können.
Young Adult: ein beliebtes Genre unter Druck
Die Kategorie „Young Adult“ oder „Junge Erwachsene“ ist ebenfalls mit vielen Titeln in hohen Rängen vertreten. Der durchschnittliche Rang von 80 liegt nur knapp unter „Zeitgenössisch“, die Spreizung (Rang 3 bis Rang 200 gesamt) ist ebenfalls sehr dicht. Vom Umsatz her liegt „Young Adult“ allerdings nur bei der Hälfte von „Gegenwart“. Das liegt vor allem am niedrigen Durchschnittspreis von 2,39 € pro Titel – dreißig Prozent der Top 20 kämpfen mit 99 Cent um einen Platz an der Sonne, das teuerste Buch in diesem Bereich kostet aktuell gerade 3,99 €. Mit durchschnittlich 120 Rezensionen pro eBook ist die emotionale Bindung der Leser niedriger als bei „Gegenwart“.
Liebeskomödie: schnelle Bücher an der Schnäppchentheke
Die Kategorie „romantische Komödie“ liegt fast gleichauf mit „Young Adult“. Mit einem durchschnittlichen Gesamtrang von 100 und einem vergleichbaren Wettbewerb (Rang 3 – 300) liegt der Gesamtumsatz trotzdem fast zwanzig Prozent unter „Young Adult“, was mit dem nochmals niedrigeren Durchschnittspreis von 2,19 € zu erklären ist. Fast die Hälfte der Top 20 (neun Titel) stehen heute mit 99 Cent zum Verkauf, nur ein Titel von zwanzig wagt es, 3,99 € zu verlangen. Die Liebeskomödie ist im Gesamtgenre „Liebesromane“ mit dem niedrigsten Durchschnittspreis und der drittbesten Verkaufsmenge im Shop auch dem stärksten Preisdruck unterworfen – der sehr niedrige Durchschnittswert von 34 Rezensionen pro Titel spricht dafür, dass hier im schnellen Rhythmus viele Titel produziert werden.
Romantische Fantasy: keine Top Ränge, aber nachhaltige Leserbindung
Mit einem Durchschnittsrang von 200 und einer Spreizung von Rang 65 bis Rang 390 scheint der „Fantasy Liebesroman“ weit abgeschlagen – doch ein Durchschnittspreis von 2,74 € ergibt knapp 70 % der Einnahmen der „Liebeskomödie“; und ein guter Wert von 110 Rezensionen pro Titel in den Top 20 zeigt, dass die Leserbindung hier weitaus höher ist. Nur sechs Titel der Top 20 verkaufen für 99 Cent, der höchste Preis liegt bei 5,99 €.
Romantic Thriller: hohe Chancen, hohe Fanbindung
Fast die gleichen Werte wie „Fantasy“ weist die Kategorie „Mystery und Spannung“ auf. Der Durchschnittspreis liegt mit 2,49 € knapp unter „Fantasy“, sieben Titel stehen zur Zeit auf 99 Cent, das teuerste Buch kostet 4,99 €. Mit durchschnittlich 102 Rezensionen pro eBook scheint auch dieses Genre treue Fans zu haben. Während Fantasy sich mit absoluten Top Positionen im Shop schwer tut, kann „Romantic Thriller“ hier punkten: die aktuelle Spreizung liegt bei Rang 9 bis Rang 380 im Kindle Shop, der Durchschnittsrang bei 200.
Historische Liebesromane: mittlerer Wettbewerb, stabile Preise
In der Gesamtmenge der Verkäufe liegt die „Historical Romance“ mit einem Durchschnittsrang von 250 hinter dem romantischen Thriller. Durch einen höheren Durchschnittspreis von 3,09 € kann die geschichtliche Ecke diesen Nachteil aber wieder wettmachen und in Summe etwas mehr verdienen als die Spannungsromane. Es gibt zur Zeit nur einen einzigen 99-Cent Titel, das teuerste Buch kostet 4,99 €. Die Spreizung von 75 bis 520 spricht für einen mittleren Wettbewerb, die Rezensionsanzahl mit 54 pro Titel liegt weit unter „Romantic Thriller“ (102).
Paranormale Romantik: ein Genre mit Zukunftschancen
Den drittbesten Preisdurchschnitt für Einzeltitel erzielen Werwölfe und Vampire: 3,64 € kostet ein Titel durchschnittlich in den aktuellen Top 20 dieses Genres. Dieses Gefüge wird allerdings weitgehend von einer Autorin vorgegeben: Bella Forrest, die für ihre Vampirromanzen 3,99 € verlangt und nur einen Titel mit 99 Cent zum Einstieg anbietet. Bella besetzt aktuell 16 von 20 Plätzen dieser Kategorie. Also müssen wir den Blick auch auf die Unterbereiche richten.
Ob Vampire, Werwölfe, Engel, Hexen, Dämonen oder Geister Ihren Roman bevölkern: das Preisgefüge in allen Unterkategorien liegt sehr stabil bei 3,50 €. Allerdings zeigt die durchschnittliche Rangposition sehr deutliche Unterschiede: während der Top 20 Vampirroman im Mittel einen Rang von 360 mit 38 Rezensionen erreicht, schaffen es die Werwölfe gerade auf Rang 4.400 mit 10 Rezensionen, Engel auf Rang 12.000 mit 9 Rezensionen, Dämonen auf 21.000 mit 6, Hexen auf Rang 26.000 mit 3 Bewertungen, das Schlusslicht bilden die Geister mit Rang 125.000 und 6 Bewertungen sowie das ominöse Genre „Esoterik“, das mit der größten Spreizung von 1.700 – 700.000 (und damit dem niedrigsten Wettbewerb des gesamten Genres Liebesromane) glänzt.
Dazu sei gesagt: diese Unterkategorien sind noch wenig bevölkert; sie werden erst seit wenigen Monaten bestückt und die Leser haben wohl noch nicht zu ihnen gefunden. Sieht man sich diese Genres im US-Shop an, sieht man bald, dass hier noch viel mehr möglich ist – und wahrscheinlich viele Titel, die heute unter „Liebesromane – Fantasy“ stehen, hier in Zukunft auch gut aufgehoben wären.
Gay und Lesbian Romance: gute Preise, geringe Leserbindung
Mit einem ordentlichen Durchschnittspreis von 3,51 € und einem eher niedrigen Wettbewerbsdruck (Spreizung: Rang 40 – 1.300) gehört Gay Romance (von Amazon fälschlich „Liebesromane für Homosexuelle“ genannt) sicher zu den Geheimtipps für Autoren. In diesem Genre wird immerhin noch knapp halb so viel wie bei „Paranormal“ verdient – es gibt zwar sechs 99-Cent Titel in den Top 20 dieser Kategorie, hier handelt es sich aber meist um Novellen oder Shorts. Vollromane rangieren zwischen 3,99 € und 7,49 €.
Mit durchschnittlich 4,34 € pro Buch ist die „Lesbenromantik“ das teuerste Segment unter „Liebesromane“, mehrere 9,99 € Titel finden sich in den Top 20, ein einziges 99 Cent Buch steht abgeschlagen auf Rang zwanzig. Während sich bei Gay Romantik mit einem Durchschnittsrang von 1.900 vier Rezensionen pro Buch finden, schafft es die Lesbian Romance bei einem Rang von 3.250 auf immerhin fünf Bewertungen.
Western Romance: mittlerer bis niedriger Wettbewerb, gute Preise
Mit einer Spreizung von Rang 40 bis 2.100 ist in diesem Genre noch viel Platz für neue Titel. Der Durchschnittspreis von 3,54 € ist im Vergleich gut, 28 Rezensionen pro Buch sprechen für interessierte Leser. Die Einnahmen in diesem Genre dürften gleichauf mit Gay Romance liegen.
Anthologien und Sammlungen: wenig genutzt, schwach bestückt
Diese Kategorie wird nur von wenigen echten Sammelbänden genutzt; der Preis von 3,72 € pro Buch ist im Verhältnis zum Seitenumfang dieser Sammlungen eher niedrig.
Zeitreisen: niedrige Gesamterlöse, aber sehr stabile Rankings
Beliebt bei den Lesern (37 Reviews pro Buch), im Shop aber eher abgeschlagen (Spreizung Rang 280 bis Rang 3.400) erzielt die Reise durch Zeit und Raum einen Durchschnittspreis von 3,31 € pro Titel. Nur ein einziger 99-Cent Titel kämpft um Aufmerksamkeit; es ist anzunehmen, dass dieses Genre recht stabil verläuft – der Wettbewerb ist beherrschbar, die Preise sind in Ordnung: dieses Genre eignet sich für Autoren, die mit Geduld auf dauerhaft fließende aber eher geringe Einkünfte bauen.
Science Fiction: niedrige Preise, niedriger Rang und schwacher Wettbewerb
Mit einem Kampfpreis 2,72 € pro Buch kämpft die Sci-Fi Romance um Aufmerksamkeit – bei einem Durchschnittsrang von 2.900 im Kindle Shop und einer Spreizung von 600 bis 5.600 scheint dieses Signal aber noch nicht bei den Lesern angekommen zu sein. Heiße Aliens und Raumschiffkapitäne müssen sich also noch etwas gedulden – wie der US-Shop zeigt, kann auch dieses Genre Leser finden. Mit 19 Rezensionen pro Buch ist das Leserengagement mittelgroß. Auch hier ist anzumerken, dass dieses Genre bei Amazon recht neu ist, und viele Zukunfts-Romanzen noch in anderen Kategorien stecken dürften. Ein Genre für mutige Autoren, die keine Angst vor nackten Männerkörpern auf dem Cover haben!
Militärromantik: niedrigster Wettbewerb, hohe Leserinteraktion – der Geheimtipp!
In USA sehr erfolgreich, in Deutschland aus historischen Gründen lange Zeit ausgegrenzt: der Liebesroman um tapfere Soldat/innen und stolze, aber oft gebrochene Gentleman-Offiziere. Mit einem Durchschnittspreis von 2,64 € noch etwas zaghaft in der Preispolitik, weist dieses Genre eine sehr hohe Spreizung auf: von Rang vier im Kindle Shop bis Rang 7.900 dehnen sich die Top 20 Romanzen um soldatische Personenschützer („Protect Me“) bis zur BDSM Story „Black Panther“. Mit durchschnittlich 30 Rezensionen pro Titel ist das Leserengagement im Verhältnis zum niedrigen Durchschnittsrang erstaunlich hoch!
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Herzlichen Dank für diese tolle Aufschlüsselung!
Es ist ein sehr interessanter Einblick in das Genre der Liebesromane.
Beim Geheimtipp Millitärromantik habe ich das ein oder andere Fragezeichen aber ich wünsche jedem, der es versuchen möchte, viel Erfolg beim Schreiben.
Beste Grüße aus Hamburg
Hi Markus, diese Fragezeichen kann ich gut verstehen. Auf der anderen Seite möchte ich ein paar Filmtitel nennen: „Doktor Schiwago“, „Pearl Harbour“, „Cold Mountain“, „Top Gun“, „Ein Offizier und Gentleman“ … auch „Casablanca“ spielt im Krieg. Natürlich stammen all diese Titel aus amerikanischer Produktion, doch sie kamen auch beim deutschen Publikum gut an.